Grosselterntag

«Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben...» Diese nachdenklichen Zeilen aus Rainer Maria Rilkes Gedicht «Herbsttag» aus dem Jahre 1902 passen bestens in das Jahr 2021 hinein… So haben wir am Sonntag, den 21. März, in der Pfarrkirche Susten zum zweiten Mal den Grosselterntag gefeiert. In diesem Jahr fiel dieser aufgrund des Virus einfacher aus und doch war diese Heilige Messe – durch passende Texte, klassische Musik und ein schönes Altarbild – liebevoll gestaltet. So haben die Kinder der Primarschule der Region Leuk ihren Grosseltern Briefe geschrieben, welche dann an den Kommunionbänken festgemacht wurden. Denn Briefe sind eine Möglichkeit den Zusammenhalt zu stärken, den Kontakt lebendig zu erhalten und Freude und Abwechslung in den Alltag zu bringen. Ja, Briefe sind Liebe auf Papier. Als Gemeinde und Pfarrei ist es uns ein Herzensanliegen, die Grosseltern in unserem Gebiet nicht zu vergessen und ihnen einmal im Jahr auf besondere Weise zu danken, dass sie uns allen geschenkt sind!

Der Walliser Bote hat im Vorfeld von diesem Grosseltern-Gottesdienst berichtet:

"Liebe Grosseltern, wir vermissen euch..." Was ist ein Jahrestag ohne Fest? Was eine Feier ohne Gäste? So oder ähnlich werden sich die Grosseltern hierzulande am Sonntag vermutlich fragen, wenn ihnen für das Wirken, das Zuhören, das Dasein gedankt werden soll. Ein Dank für die Betreuung der Enkelkinder, fürs Haus-Sitting während der Ferien, für die Hilfe bei der Gartenarbeit, um nur drei Dinge zu nennen, die die Grosseltern das Jahr hindurch leisten. Die Beziehung Grosseltern - Eltern - Kind wird seit Monaten auf eine harte Probe gestellt. Zum Schutz aller stellen sich bei jedem Besuch, bei jedem Treffen die Fragen: Wie viel Nähe darf ich zulassen? Wie viel Distanz muss ich einhalten? Der Faustgruss statt einer innigen Umarmung, ein formelles «Hallo, wie gehts?» statt eines Abküssens, das ist die Realität 2021. Dies beschäftigt auch die Primarschulkinder aus Guttet-Feschel, Erschmatt, Leuk-Stadt und Susten. Auf Wunsch und Initiative des Leuker Gemeindepräsidenten Martin Lötscher soll die Idee des vergangenen Jahres, die Grosseltern der Gemeinde offiziell hochleben zu lassen, weitergeführt werden. Damals, am zweiten Sonntag im März, lud Pfarrer Daniel Noti drei Generationen einer Familie aus Erschmatt ein, um mit ihnen während des Gottesdienstes ein Altargespräch zu führen. «Ich sprach mit ihnen über das Leben von früher und heute, den Glauben, die Schule und das Familienleben», sagt Pfarrer Noti. Etwas, was von den Messebesuchern sehr geschätzt worden sei. Fortsetzung erwünscht. Ein Jahr später, die Corona-Pandemie drangsaliert das Leben. Bei der Arbeit, in der Freizeit, innerhalb der Familie. Auch der kirchliche Alltag wird eingeschränkt. Aufgrund der Covid19-Verordnung ist ein Gottesdienst, wie er im letzten März in Leuk zu Ehren der Grosseltern gefeiert wurde, undenkbar. So sind lediglich 50 Personen zugelassen, ein grosser Festakt mit anschliessendem Apéro völlig unmöglich. Trotzdem wollen es sich die Primarschüler von Guttet-Feschel, Erschmatt, Leuk-Stadt und Susten nicht nehmen lassen, den Grosseltern ihre Dankbarkeit und Zuneigung zu zeigen. «Der Gemeindepräsident kam erneut auf mich zu und bat mich, doch auch dieses Jahr etwas Besonderes mit den Kindern auf die Beine zu stellen, um den Grosseltern die Ehre zu erweisen», sagt Pfarrer Noti. Gefragt, getan. Die Schulkinder sollten anlässlich des Religionsunterrichts sich Gedanken über die Beziehung zu ihren Grosseltern machen und dies auf Papier bringen. Herausgekommen sind schliesslich zahlreiche Zeichnungen und Briefe, die die Schulkinder gestaltet und geschrieben haben. Teils versendet, teils dem Pfarrer übergeben. «Die Briefe, welche ich erhalten habe, werde ich anlässlich des Gottesdienstes in Susten als Symbol zu Ehren der Grosseltern auslegen und den Inhalt zum Thema machen.» Als Zeichen der Wertschätzung, der Liebe, des Fehlens. Obschon die Texte sehr individuell gestaltet sind. Eine Botschaft, die aus allen Briefen heraussticht, ist: «Liebe Grosseltern, wir vermissen euch.» Die Sehnsucht nach dem persönlichen Treffen, einer innigen Umarmung, einem unbefangenen Zusammensein. Sie ist förmlich spürbar. Auch beim Gemeindepräsidenten, welcher selbst Grossvater ist, lösen die Briefbotschaften Gefühle aus. «Zwar konnte ich mich das Jahr hindurch mit meinen Enkeln via Videotelefonie unterhalten und so etwas an ihrem Leben teilhaben. Aber was mir fehlt, ist, sie in den Arm nehmen und drücken zu können und die gegenseitige Nestwärme spüren lassen», ist Martin Lötscher sichtlich bewegt. Die übers Corona-Jahr verloren gegangene Nähe, sie soll denn auch baldmöglichst wieder zurückkehren. (Text von Thomas Allet)